Letzte Aktualisierung: 22. September 2019

"...das Gewohnheitsrecht ...hat die Bedeutung und Kraft eines Gesetzes..."

(Bayerische Gemeindeordnung 1869)

Erläuterungen und Vollzugsvorschriften

von Dr. Gustav von Kahr

(Präsident des kgl. Verwaltungsgerichtshofs)



Ziel dieses Internetauftritts ist es, den Verlust tausender auch heute noch existierender und gelebter Nutzungsrechte als Herkommens- oder Gewohnheitsrechte an Gemeindevermögen, wie beispielsweise Holznutzungsrechte und Weiderechte, in Bayern und auch jenseits der bayerischen Landesgrenzen zu verhindern. Dieser Verlust droht nun nämlich durch ein kürzlich gefälltes absurdes Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Regensburg, das inzwischen durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) als Berufungsinstanz durch Ablehnung der Berufung bestätigt wurde. In den betreffenden Gemeinden und sogar bei den Gerichten selbst ist kaum etwas über die historischen und rechtlichen Hintergründe dieser jahrhundertelang gelebten Rechte bekannt. Hierüber will diese Seite anhand eines aktuellen Rechtsstreits umfassend aufklären.

In der Gemeinde Attenhofen in der Hallertau ist ein Rechtsstreit um Holznutzungsrechte im Gemeindewald entbrannt. Der Bürgermeister der Gemeinde hat mehrere Bürger zweier Ortsteile nach Herbeiführung einer Beschlussfassung im Gemeinderat vor den Kadi gebracht Diese und ihre Vorfahren haben als sogenannte Rechtler seit Jahrhunderten Holznutzungsrechte im Gemeindewald ausgeübt, bislang stets in Eigenverantwortung ohne jeglichen Einfluss seitens der Gemeinde, bis, ja bis eines Tages eine Teilabholzung des Waldes erforderlich wurde. Bei einem Wachstum der Bäume von 80 - 100 Jahren handelt es sich bei den daraus erzielten Einnahmen zwar lediglich um etwa 25 Euro pro Rechtler und Jahr in dem einen, gar nur um etwa 3 Euro im anderen Ortsteil, aber selbst dieser geringe Betrag hat Begehrlichkeiten bei der Gemeindevertretung erweckt. Obgleich die Gemeinde sich niemals um die aufwändige Hege und Pflege des Waldes gekümmert hat und somit von der Aufforstung bis zur Hiebreife dieser Bäume nie irgendetwas beigetragen hat, hält diese nach getaner Arbeit nun dreist die Hand auf, um den Rechtlern deren Gewinn abspenstig zu machen.

Für eines der Gerichtsverfahren ist am 14. Januar 2014 ein Urteil vor dem Verwaltungsgericht (VG) Regensburg zu Ungunsten des beklagten Rechtlers ergangen. Die daraufhin erfolgte Bestätigung des Urteils durch den VGH kann das AUS der Nutzungsrechte tausender Rechtler in ganz Bayern bedeuten.

Dennoch besteht keinerlei Anlass für Pessimismus. Ganz im Gegenteil, denn jetzt sind endlich die Argumentationen sowohl des VG Regensburg als auch des VGH bekannt: Die Katze ist aus dem Sack. Die Begründungen beider Instanzen beinhalten gravierende Mängel, Widersprüche und Außerachtlassung selbst eigener Rechtssprechung des BayVGH und überdies des BayVerfGH.

Offenbar bemüht man sich bei den Gerichten, die Nutzungsrechte ohne Wenn und Aber und insbesondere ohne Berücksichtigung, ja sogar im Widerspruch zur geltenden Rechtsprechung zu Gunsten des Staates entziehen zu wollen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Zivilgerichte in den zwei weiteren Verfahren in der Gemeinde Attenhofen die Schriftstücke der jeweils beklagten Rechtler einfach ignoriert haben, in denen diese ihre Rechte im Einklang mit der Rechtsprechung des BayVGH und des BayVerfGH und zahlreichen neuen Dokumenten eindeutig belegt hatten. Insbesondere hat wohl das Berufungsgericht, das Landgericht Regensburg, in diesen beiden Fällen die 38-seitige ausführliche Berufungsbegründung nicht zur Kenntnis genommen, vermutlich auch gar nicht erst gelesen. Und so hat das Gericht ausschließlich auf das doch längst widerlegte Urteil des VG Regensburg vom Januar 2014 Bezug genommen.

Nun heißt es also tief Atem zu holen und das ganze noch mal ganz von vorne: D.h., es galt eine neue Klage vor dem VG Regensburg gegen die Gemeinde Attenhofen einzureichen, die durch den Verein "Rechtler Bayern" unterstützt wird. Darin ist nun noch einmal der eindeutige und klare Nachweis der Rechte anhand zahlreicher Unterlagen und im vollständigen Einklang mit der Rechtsprechung des BayVGH und des BayVerfGH dargelegt.

Darüber hinaus ist darin auch nachgewiesen, dass die Gemeinde Attenhofen bereits im ersten Verfahren vor dem VG Regensburg vom Januar 2014 entscheidungserhebliche Unterlagen, zu deren Vorlage sie vom Gericht aufgefordert wurde, nicht vorgelegt hat. Die Vorlage dieser nun mit großem Aufwand recherchierten Unterlagen alleine hätte wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem Tenor der Urteilsbegründung ein anderes Urteil erwarten lassen.